Gute Nachrichten für Holz: neue Vorschriften zu grauen Emissionen

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Wie zu jedem Jahresbeginn traten auch Anfang 2022 neue Gesetze und Bestimmungen in Kraft.

So muss in Schweden und Frankreich seit dem 01. Januar 2022 beim Bauen mit Holz das sogenannte Embodied Carbon (dt. „freigesetztes Kohlendioxid“ oder „graue Emissionen“) verpflichtend in die Berechnungen miteinfließen – das sind gute Nachrichten für das Bauen mit Holz. Mit dem Begriff „Embodied Carbon“ werden CO2-Emissionen bezeichnet, die bei der Herstellung, dem Transport, Montage, Instandhaltung sowie dem Abbau von Baustoffen entstehen.

Andere Länder werden in Kürze nachziehen und auch die Europäische Kommission befasst sich zusehends mit Embodied Carbon. Die Herstellung von Baustoffen – insbesondere Stahl und Zement – machte 2020 laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen immerhin zehn Prozent der weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen aus.

Der zunehmende Fokus auf das freigesetzte Kohlendioxid lässt die Nachfrage nach CO2-armen Baustoffen, insbesondere Holz, steigen.

Die schwedische Klimaerklärung

Seit Anfang des Jahres müssen EntwicklerInnen in Schweden die grauen Emissionen bei der Planung neuer Gebäude berücksichtigen und diese der Regierung vorlegen, um eine Baugenehmigung zu erhalten. Im Rahmen der „Act on Climate Declarations for New Buildings“ müssen diese Berechnungen jene Emissionen enthalten, die im Lebenszyklus eines Gebäudes bei der Herstellung der Baustoffe sowie während des Baus entstehen („upfront embodied emissions“).

Mit dieser Vorschrift soll in Schweden ein stärkeres Bewusstsein für die klimatischen Auswirkungen des Bauens geschaffen und schließlich zur Senkung der Treibhausgasemissionen durch Gebäude beigetragen werden. In einem nächsten Schritt werden aller Voraussicht nach Obergrenzen für Kohlendioxid-Emissionen eingeführt, womöglich schon in 2027.

Gemeinhin wird angenommen, dass die Niederlande das erste Land war, welches die Abschätzung von grauen Emissionen von Nicht-Regierungsgebäuden einführte, und das bereits 2013.

Vorreiter Frankreich: der LCA-Ansatz

In Frankreich ist man sogar noch einen Schritt weiter als in Schweden (und den Niederlanden) gegangen.

Die neue französische Verordnung „RE2020“ verpflichtet zur Analyse des Embodied Carbon während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, vom Bau bis zum Abbau/Abriss. Seit dem 1. Januar 2022 gilt sie für Wohngebäude, ab 2023 dann auch für andere Gebäudetypen.

Was die „RE2020“ so besonders macht, ist, dass sie eine dynamische Lebenszyklusanalyse (LCA; life cycle assessment) vorsieht, in der zukünftige Emissionen weniger schwer wiegen als aktuelle, nachdem  zukünftige Emissionen, einhergehend mit den weltweiten Dekarbonisierungszielen, dem Klima weniger schaden dürften. Im Zuge der „RE2020“ werden daher Baustoffe wie etwa Holz, die in der Herstellung emissionsarm sind und/oder sogar CO2 speichern, bevorzugt. Frankreich ist mutmaßlich das erste Land, das den Bausektor einem dynamischen LCA-Ansatz unterwirft.

Ebenso enthält die „RE2020“ Obergrenzen für Embodied Carbon, die im Laufe der kommenden Jahre kontinuierlich gesenkt werden, um Emissionen einzusparen. Auch die verpflichtende Einhaltung der Grenzwerte trat Anfang 2022 in Kraft. Die vorgegebenen Obergrenzen werden in den Jahren 2025, 2028 und 2031 weiter drastisch gesenkt werden, um den Bausektor immer weiter zu dekarbonisieren. 

Fokus auf Embodied Carbon in der EU

Auch die Europäische Kommission befasst sich in ihren Verordnungen zum ersten Mal und in umfangreichem Maß mit Embodied Carbon, was der Nachfrage nach Bauholz neuen Schwung verleihen könnte.

Am 1. Januar 2022 trat der erste Teil des EU-Regelwerks in Kraft, welches Gelder in als nachhaltig klassifizierte Wirtschaftsaktivitäten umleiten soll. In diesem Teil der Taxonomie für nachhaltige Finanzierung geht es um Aktivitäten, die nachhaltig zum Klimaschutz beitragen und bei der Anpassung an den Klimawandel helfen. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, wird für neue Gebäude mit einer Fläche von mehr als 5.000 m2 das Treibhauspotenzial (GWP; global warming potential), das sich aus dem Bau ergibt, für jede einzelne Lebensphase errechnet. Diese Berechnung steht InvestorInnen sowie KundInnen auf Anfrage zur Verfügung.

Darüber hinaus muss im Rahmen der vorgeschlagenen Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die letzten Monat vorgelegt wurde, ab 2027 für neue Gebäude mit einer Fläche von mehr als 2.000 m2 eine Lebenszyklusanalyse über alle Lebensphasen hinweg durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Analyse müssen dann über den Energieausweis des Gebäudes zugänglich gemacht werden. (Ab 2030 wäre dies dann auch für kleinere Neubauten erforderlich). Ebenso ist vorgesehen, dass die Energieausweise Informationen über etwaige Kohlenstoffspeicherungen auf Gebäudeebene enthalten.

Der Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sieht ebenso nationale Gebäudesanierungspläne vor, im Rahmen derer die Mitgliedstaaten ihre Maßnahmen zur Reduktion des Embodied Carbon während des gesamten Lebenszyklus sowie zur Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre beschreiben müssten. Das Europäische Parlament wird die Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens behandeln und den Vorschlag entsprechend anpassen.

Fokus auf CO2-arme Materialien in den USA

Sogar in den USA ist Embodied Carbon ein nicht zu vernachlässigender Faktor in der Innenpolitik geworden. Im Dezember stellte US-Präsident Biden eine Durchführungsverordnung vor, mittels derer die US-Regierung über all ihre Tätigkeitsfelder hinweg CO2-neutral werden soll. In Anbetracht der enormen Größe der US-Regierung und ihrer Einkaufsmacht birgt diese Verordnung das Potenzial, auch im US-Bausektor einen Umstieg auf CO2-arme Lösungen zu bewirken.

Die Verordnung umfasst auch die Einführung einer Initiative, die zum Kauf CO2-armer Materialien anregen soll. Im Rahmen dieser Initiative wird die US-Regierung dazu verpflichtet, CO2-arme Baumaterialien für Bau- und zivile Infrastrukturprojekte zu kaufen. Allerdings kann eine solche vom US- Präsidenten erlassene Durchführungsverordnung von einem zukünftigen US-Präsidenten wieder aufgehoben werden. Das Bauen mit Holz im großen Stil genießt jedoch dank seiner positiven Auswirkungen auf das Klima sowie aufgrund der dadurch entstehenden Arbeitsplätze in ländlichen Regionen großen Zuspruch von beiden politischen Parteien. Das parteiübergreifende Infrastrukturgesetz beispielsweise, das im November 2021 verabschiedet wurde und ein jährliches Budget für die Förderung des Einsatzes von Holzprodukten von bis zu zwölf Millionen USD über fünf Jahre hinweg, umfasst.

Weitere Maßnahmen sind erforderlich, doch der Trend ist eindeutig

Die in diesem Text vorgestellten Vorschriften könnten ambitionierter sein. In Anbetracht der Dringlichkeit der Klimakrise sollten sie das auch. Zudem sind noch in vielen weiteren Ländern strenge Vorschriften zur Regulierung von Embodied Carbon vonnöten.

Nichtsdestotrotz lassen diese Vorschriften einen Trend erahnen, der nicht länger zu leugnen ist: die einheitliche Regulierung von Embodied Carbon in Gebäuden. Dies verheißt Gutes für das Bauen mit Holz in der Zukunft. Dänemark und Finnland zählen beispielsweise zu jenen Ländern, in denen in den nächsten Jahren Vorschriften zu Embodied Carbon in Kraft treten werden.

Stora Enso wird weiterhin gemeinsam mit seinen Interessensgruppen und Partnern für noch mehr und noch ehrgeizigere Vorschriften zu Embodied Carbon eintreten. Solange der Gebäudesektor nicht seinen Beitrag leistet und die globalen CO2-Emmisionen nicht drastisch reduziert werden, werden wir auch keine dekarbonisierte Welt erreichen.

Über den Autor

Policy and Regulations Manager

Gregory Richards

Gregory Richards ist der Policy and Regulations Manager für den Bereich Holzprodukte bei Stora Enso. Er überwacht und analysiert gesetzliche Vorschriften für die Nutzung von Holzprodukten und bringt sich bei deren Ausarbeitung ein. Vor seinem Wechsel zu Stora Enso war Greg im Namen institutioneller Investoren mit börsennotierten Unternehmen weltweit zu ESG-Fragen (Environmental Social Governance; dt. Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) im Austausch und hatte wichtige Kommunikations- und Marketingposten bei führenden, multinationalen Baufirmen inne. 2021 schloss er sein Studium in „Carbon Management“ an der Universität Edinburgh mit einem MSc (Master of Science) ab.