Französische Gesetze dekarbonisieren den Bausektor – Könnten sie auch international einen Weg in die Zukunft weisen?

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Die neuesten gesetzlichen Regelungen zum umweltfreundlichen Bauen in Frankreich bedeuten eine tiefgreifende Veränderung in der Bauindustrie. Die gesamte Baubranche in Frankreich muss sich darauf einstellen, egal ob Gebäudeeigentümer, Bauunternehmen, Ingenieure oder andere Akteure im Baugewerbe. Das Gesetz, das unter der Bezeichnung RE2020 (oder Umweltschutzrichtlinie 2020) bekannt ist, hat zum Ziel, die Umweltbilanz von Gebäuden über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern, von der Beschaffung der Materialien bis zum Bau, zur Nutzung und sogar zum ‚Lebensende‘ des Gebäudes.

In diesem Sinne geht RE2020 weit über die Bestimmungen seines Vorgängers (RT2012) hinaus und zwingt die Bauindustrie, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Dieses Gesetz macht Frankreich zu einem Vorreiter bei der Dekarbonisierung von Gebäuden.  Der Bausektor macht 44 % des Energieverbrauchs in Frankreich und fast 25 % der klimaschädlichen CO2-Emissionen des Landes aus.*

Das Gesetz, das zum 1. Januar 2022 in Kraft trat, wird in den Jahren 2025, 2028 und 2031 zunehmend strenger werden, um zu gewährleisten, dass die Emissionen zurückgehen.

… RE2020 wird den Wandel zu CO2-sparendem Bauen beschleunigen“, sagt Julien Pemezec, Vorstand des Bauträgers Woodeum. „Das sind sehr gute Neuigkeiten, denn Frankreich wird als eines der ersten Länder weltweit die Klimaauswirkungen von Gebäuden messen. Das ist für den Bausektor eine echte industrielle Revolution.“

MELIA BUILDING (TAVERNY, France)

MELIA BUILDING (TAVERNY, Frankreich) – Partner von Stora Enso: Woodeum – Foto: Epaillard/Machado 
Das MELIA-Gebäude von Woodeum in einem Vorort im Nordwesten von Paris hat bereits die CO2-Kriterien für das Jahr 2031 gemäß RE2020 erfüllt, mit 498 kg CO₂-Emissionen/m² Nutzfläche.

RE2020 gilt heute bereits für alle neuen Bürogebäude, Wohngebäude sowie Einrichtungen des primären und sekundären Bildungsbereichs. Vor dem Ende des Jahres 2023 wird die Gesetzgebung auch für bestimmte andere Gebäude wie Hotels, Restaurants, Geschäfte und Fitnessstudios gelten.

In mehreren Ländern (Dänemark, Finnland und Niederlande) gelten ebenfalls Gesetze zur Begrenzung der CO₂-Emissionen von Gebäuden, aber es gibt in der EU kein anderes Gesetz, das so streng ist wie RE2020. Viele Parlamente beobachten die Entwicklung in Frankreich genau, und die Beurteilung der ersten Ergebnisse wird wahrscheinlich ausschlaggebend dafür sein, ob mehr Länder dem Beispiel Frankreichs folgen und vergleichbare Gesetze für Gebäude erlassen werden.

So funktioniert die Einhaltung von RE2020

Was bedeutet das in der Praxis für die Akteure der Baubranche? Um RE2020 einzuhalten, müssen Bauträger auch die Emissionen in Bereichen messen, wo sie das bislang nicht taten.

Dies unterteilt sich grob in drei Bereiche:

  • Energie
  • Komfort
  • Kohlenstoff

‚Energie‘ bezieht sich vorwiegend auf den Energieverbrauch, wenn sich das Gebäude in Betrieb befindet. Dies entspricht den vor RE2020 geltenden Regelungen, basiert jetzt aber nicht mehr auf Kilowattstunden, sondern auf den CO2-Emissionen. Im Gesetz RE2020 wird das als ‚Energie-Kohlenstoff-Auswirkungen‘ bezeichnet.

‚Komfort‘ bezieht sich auf den Grad des Unbehagens, das bei heißen Temperaturen zulässig ist. Die Regelungen legen die maximale Innentemperatur fest, die in einem Gebäude an fünf aufeinanderfolgenden heißen Sommertagen zulässig ist. Der Standard von RE2020 zum Komfort im Sommer wird bis 2031 unverändert gelten.

Die ‚Kohlenstoff‘-Messungen sind der Bereich, wo die wirklichen Veränderungen stattfinden. Es ist jetzt vorgeschrieben, die Klimaauswirkungen des Bauens selbst zu bestimmen, einschließlich der Baumaterialien und des Bauprozesses. Das wird als Bau-Kohlenstoffauswirkungen (IC Construction) bezeichnet.

Dieser IC-Wert muss 2025 erheblich reduziert werden, sowie erneut im Jahr 2028 und noch weiter im Jahr 2031.  

Pulse, Saint-Denis, France, Paris Olympic Games HQ

Pulse, Saint-Denis, Frankreich, Zentrale der Olympischen Spiele Paris   
Bauträger: ICADE Architekt: BFV Architectes Foto: Frédéric Delangle 

Auf das Material kommt es an

Für eine genaue Bemessung der CO2-Emissionen ist eine Lebenszyklusanalyse (LCA) erforderlich. So werden sämtliche Umweltauswirkungen eines Gebäudes gemessen, von der Beschaffung der Rohstoffe über die Herstellung der Baumaterialien bis zum Betrieb des Gebäudes und zur Entsorgung oder Wiederverwertung. Eine erste LCA muss erstellt werden, wenn ein Bauträger eine Baugenehmigung beantragt. Bei Fertigstellung des Designs sind anschließend detaillierte Informationen bereitzustellen.

Besonders interessant an RE2020 ist, dass in der LCA auch der Zeitpunkt aller mit dem Gebäude verbundenen Emissionen erfasst werden muss. Mit diesem sog. dynamischen LCA-Ansatz werden die früher im Projekt entstehenden Emissionen stärker eingeschränkt als spätere Emissionen. Damit werden die Vorteile von Materialien anerkannt, die Kohlenstoff speichern. Vor diesem Hintergrund ist die Materialauswahl ganz entscheidend, und nachhaltige Holzmaterialien gewinnen zunehmend an Bedeutung. 

 

Vergleich einer dynamischen LCA-Analyse zwischen Brettschichtholz und Stahlträgern - Quelle: CEREMA
Cerema ist eine öffentliche französische Einrichtung für die Kompetenzförderung in den Bereichen Stadtplanung, regionaler Zusammenhalt sowie ökologischer und energetischer Transformation. Sie haben die Unterschiede zwischen einem Stahlträger und einem Äquivalent aus Brettschichtholz (BSH) untersucht. Basierend auf einer dynamischen Lebenszyklusanalyse gemäß den Anforderungen von RE2020 kam der Träger aus Brettschichtholz auf einen Wert von minus 14,6 kg CO2e, er absorbiert also CO2. Für den Stahlträger betrug der Wert hingegen plus 79,8 kg CO2e.

Sind biobasierte Materialien die Antwort?

Der Umstieg auf Holz ist für viele noch Neuland, weshalb das Gesetz RE2020 zu Beginn nicht allzu schwer umzusetzen ist, da es der Branche Zeit gibt, Arbeitsweisen zu verändern und neue Fähigkeiten zu entwickeln. Aber ab 2025 werden biobasierte Materialien erforderlich sein, und Massivholz-Produkte sind schon heute eine attraktive Option, um die Zielsetzungen der Zukunft einzuhalten.

„Holz ist das einzige Konstruktionsmaterial, das die Anforderungen der Bauindustrie erfüllt. Die Emissionen während der Produktion sind gering, und es speichert über seine gesamte Lebensdauer Kohlenstoff. Im Moment ist es unverzichtbar, um die höchsten Kriterien (2031) des Gesetzes RE2020 zu erfüllen“, sagt Bastien Bouteloup, Director of R&D and Engineering beim Bauträger Woodeum. 

Arboretum, Nanterre, France

Arboretum, Nanterre, Frankreich. Stora Enso Partner: WO2 – Architekten:  Leclercq Associés, Nicolas Laisné, Dimitri Roussel – Foto: P. Raffin 

„RE2020 verpflichtet uns zu niedrigen CO2-Emissionen, basierend auf drei Säulen: energiesparendes Design, Materialien mit geringen Emissionen sowie Wiederverwendung“, sagt Laurent Petit, Director of Engineering beim Bauträger WO2. „Alle Designer müssen CO2-Konten führen und überall, wo es möglich ist, für Einsparungen sorgen. Das führt zu einem Wandel der Baumethoden. Im Hochbau, auf den ein Drittel der Emissionen entfällt, ist der Einsatz von Materialien aus biologischen Quellen, die herkömmliche Materialien mit hohen Emissionen teilweise ersetzen, Teil der Lösung. Das alleine wird allerdings nicht ausreichen, die Emissionsziele für das Jahr 2031 zu erreichen. Es werden weitere Anstrengungen erforderlich sein, insbesondere im Hinblick auf Materialien für die Veredelung und technische Gesamtpakete, wo eine Wiederverwendung entscheidend sein wird.“ 

Arboretum, Nanterre, France Stora Enso partner: WO2

Arboretum, Nanterre, Frankreich Stora Enso Partner: WO2 – Architekten: Leclercq Associes, Nicolas Laisné Architectes, Dimitri Roussel (DREAM) 
Foto: ©Patrick Raffin/Mathis Construction Bois 

So gelingt beim Bauen der Umstieg auf holzbasierte Konstruktionen

Die RE2020-Standards werden den gesamten Bausektor in Frankreich grundlegend verändern, eine Branche, in der Veränderungen traditionell nur langsam passieren. Die Bauindustrie in Frankreich könnte schon bald die mit den niedrigsten CO2-Emissionen der Welt sein. Aber wo soll man bei diesem Umstieg am besten anfangen?

Bauträger sollten sich fachkundige Beratung einholen, bevor sie mit Holz arbeiten, denn verschiedene Massivholzelemente haben unterschiedliche Eigenschaften. Mathieu Robert, Leiter von Stora Enso Building Solutions, erklärt: „Es ist wichtig, das richtige Material am richtigen Ort einzusetzen. Auch wenn Holz verwendet wird, muss dies auf die bestmögliche Art geschehen. Manche Holzwerkstoffe wie Furnierschichtholz (LVL) sind beispielsweise extrem materialeffizient und für große Spannweiten geeignet. Brettsperrholz (BSP) wiederum eignet sich hervorragend für tragende Wände und sogar Decken. Da BSP ziemlich dünn sein kann, kann bei mehrgeschossigen Gebäuden eine minimale Geschosshöhe ausreichend sein. Bis zum Jahr 2031 wird es auch entscheidend sein, zu verstehen, wie diese Ressourcen am besten eingesetzt werden können.“

Marcadet Belvédère

Marcadet Belvédère Renovation, Paris – Stora Enso Partner: WO2 – Architekt: Chartier Dalix – Foto: L’autre Image 

* Ministerium für den ökologischen Übergang und territorialen Zusammenhalt, 2021a 

** CODIFAB, Fachausschuss für die Entwicklung der französischen Möbel- und Holzindustrie 

Weitere Informationen: Vergleich der Bau-Kohlenstoffauswirkungen (IC) zwischen verschiedenen Materialoptionen   

Eine Analyse von POUGET CONSULTANTS 

Das Basismodell für den Vergleich ist ein Gebäude mit 35 Wohneinheiten aus ITI-Beton (innere Wärmedämmung) unter Putz, mit Einzelgasheizungen (eine Variante mit Wärmepumpe würde den IC-Wert um 20-25 erhöhen). 

Die optimierte Verarbeitungsvariante ist wie folgt:

  • Massivparkett (Trockenraum)
  • Recycelter Teppich (Gemeinschaftsbereich)
  • Recycelte Farbe
  • Tür mit Holzrahmen
  • Außenverarbeitung aus Holz (ohne Metallverkleidung)
  • Fensterläden aus Holz
  • Innendämmung aus biologischen Quellen 

Die BSP-Variante besitzt an der Außenseite eine Außendämmung (ITE) unter Putz (eine Karbonverkleidung würde nahe am Schwellenwert für 2028 liegen). BSP wird auch für die Fassade, Decken und Trennwände verwendet (nur die Treppe und der Aufzug bestehen aus Beton).